1
Die Zukunft des Schuh- und Lederwarenhandels
 Zur Auswahl zurückkehren News 
Die 8. Ausgabe des HDS/L-Symposiums stand ganz im Zeichen von Digitalisierung, E-Commerce und Vertikalisierung. Welche Weichen sind zu stellen, um in Zukunft erfolgreich agieren zu können? Wie bleiben Handel und Industrie wettbewerbsfähig? Dieser brisanten Thematik stellten sich am 7. Juni 2016 namhafte Referenten aus Politik und Wirtschaft. Zu dem Symposium, das in diesem Jahr beim HDS/L-Mitgliedsunternehmen BNS (Bergal, Nico, Solitaire) in Mainz stattgefunden hat, kamen rund 120 Gäste aus Industrie, Handel, Messewesen und Verbänden. HDS/L Hauptgeschäftsführer Manfred Junkert freut sich über die beachtliche Teilnehmerzahl: „Der große Zuspruch zeigt, dass die Branche sehr viel Informations- und Gesprächsbedarf hat.“

In seinem Vorwort stellte der HDS/L-Vorsitzende Ralph Rieker die Chancen der Digitalisierung heraus: „Der Trend zur Digitalisierung ist unumkehrbar. Die Kunden von heute machen keinen Unterschied zwischen stationärem und Onlinehandel. Wo immer sie mit einer Marke in Berührung kommen, erwarten sie das gleiche Erlebnis.“ Aus Kundenperspektive müssten Online- und Offline-Kanäle zu „No-Line“-Systemen verschmolzen werden, in denen alle Absatzkanäle maximal vernetzt und integriert sind. Mit anderen Worten: Der Handel muss da sein, wo die Kunden sind. Laut Rieker regiert der „Sowohl-als-auch-Kunde“ heute den Handel: Er ist wechselhaft, durch das Internet informierter denn je und entscheidet hybrid. Ihm ist es egal, wo er was und zu welcher Zeit kauft. Er ist weder nur service- noch nur leistungsorientiert oder nur preissensibel – der hybride Kunde ist alles, immer, zugleich und überall.

Partnerschaft mit Leben füllen!
Rieker appellierte an die Branche die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. „Jetzt gilt es, die viel beschworene Partnerschaft zwischen Handel und Industrie mit Leben zu füllen. Dabei geht es nicht um das Feilschen um noch bessere Konditionen, sondern um eine Optimierung der Wertschöpfungskette. Es geht darum, die Taktung des Wareneingangs und die Inszenierung von Modethemen zu verbessern. Voraussetzung dafür ist der flächendeckende Einsatz von EDI.“ Eine schnellere Logistik und schnellere Abläufe der Geschäftsprozesse ermöglichen es, Marktvorteile gegenüber der Konkurrenz im Internet durchzusetzen. Rieker denkt dabei sowohl an intelligente und miteinander vernetzte Maschinen in der Produktion wie auch an die Kommunikation zwischen Hersteller, Handel und Kunden. Die Bandbreite reicht von RFID-Chips über elektronische Regalverlängerung bis hin zu digitaler Kundenansprache und Kundenbindungssystemen.

Handlungsbedarf ist dringend erforderlich. „Denn der Handel steht vor einem Paradigmenwechsel“, sagt Prof. Dr. Jörg Funder vom Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement (Mainz). Die Konsolidierung im Schuhmarkt schreite voran, wobei der reine Onlinehandel nur bedingt als Verursacher für das Marktausscheiden von stationären Händlern verantwortlich sei. Cross-Channel-Händler wachsen laut Funder deutlich schneller als reine Onlinehändler und „Gewinner werden diejenigen sein, die die Probleme der Kunden schnell und effizient lösen“, ist Funder überzeugt.

Gibt die konjunkturelle Lage in Deutschland Grund zur (Konsum-)Freude? Der Beantwortung dieser Frage widmete sich Prof. Dr. Michael Grömling vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Dass die deutsche Volkswirtschaft vordergründig erstaunlich robust erscheint, hänge vorwiegend von der guten Konsumkonjunktur ab, die sich zum Teil aus Sondereffekten wie niedrigen Energie- und Finanzierungskosten speist. „Ohne diese Sondereffekte stünde die deutsche Wirtschaft am Rande einer Stagnation.“ Die schwache Weltkonjunktur dämpfe zudem die deutschen Exporte, was sich auch in verhaltenen Unternehmensinvestitionen niederschlägt, sagt Grömling über die „neue Fragilität“, an der die gesamte Weltwirtschaft leidet.

Cross-Channel und Speed
Anhand von Best Practice Beispielen analysierte Sabine Buschmann vom Institut für Handelsforschung in Köln den sich stetig wandelnden Einzelhandel in Deutschland. Erfolgreich seien vor allem Unternehmen, die ihre Zielgruppen genau kennen und diese bedarfsgerecht bedienen. Entsprechend wirkten sich der demographische Wandel und die zunehmende Online-Affinität der Verbraucher auf den Erfolg von Handelsformaten aus. Wer sind die Gewinner? „Cross-Channel ist Gold. Die Zukunft liegt im selektiven (Online)Shopping“, gab Buschmann den Symposiumsteilnehmern mit auf den Weg.

„Amazon: Fluch oder Segen? Sie haben die Wahl!“ Mit dieser provokanten These entführte Christian Kernbichl von der merkkur GmbH in Karlsfeld die Zuhörer in die vielschichtige Welt des Online-Riesen. In Rahmen seines Vortrags erklärte der Ex-Amazon-Manager die verschiedenen Business Modelle und zeigte die Chancen und Risiken für die Branche auf. Sein Tipp: „Machen Sie sich die Kundenrezensionen zu Nutze!“ Auch Amazon wird sich weiter verändern: Kernbichl prophezeit u. a. einen zunehmenden Preiskampf, neue Marken, wachsende, auch internationale Konkurrenz, eine weitere Automatisierung und noch mehr „Speed“ (schnellere Lieferungen).

Die von HDS/L-Hauptgeschäftsführer Manfred Junkert moderierte Experten-Runde bildete den Abschluss des 8. HDS/L-Symposiums. Wie sehen die Kooperationen der Zukunft aus? Wie schaffen wir es, mit der Schnelligkeit der Vertikalen Schritt zu halten? Die Branche ist sich einig: Damit Industrie und Handel schneller werden, ist EDI unabdingbar. Die Verlinkung der Geschäftsmodelle bedeutet aber auch mehr Transparenz und Offenheit. Das Motto der Zukunft kann nur heißen: „Gemeinsam mehr erreichen!“