Die Modebranche setzt weiter und vermehrt auf nicht zertifizierte Baumwolle und vor allem auf Plastikfasern. Damit verspielt sie Potenzial, das im nachhaltigen Baumwollanbau für Kleinbäuer*innen und die Umwelt steckt. Das zeigen die heute veröffentlichten Cotton Rankings 2025 (https://sustainablecottonhub.org/cotton-rankings) von Solidaridad und Good On You. Die umfassenden Rankings der 100 führenden Modemarken legen außerdem ein grundlegendes Problem offen: In der Modebranche mangelt es nach wie vor an Transparenz hinsichtlich der Einkaufspraktiken - was das Überprüfen von Nachhaltigkeitsversprechen unmöglich macht.
Zentrale Ergebnisse:
• Plastik verdrängt Baumwolle: Shein bezieht inzwischen 82 % seiner Fasern aus Kunststoff.
• Nachhaltigkeitsversprechen täuschen: Viele Marken werben zwar mit zertifizierter Baumwolle, nutzen davon aber insgesamt nur minimale Mengen – mit verschwindend geringer Wirkung.
• Kaum Transparenz: Nur 29 der 100 untersuchten Marken legen überhaupt offen, wie viel Baumwolle sie verwenden. Nur 35 werben mit Zertifizierungen und nur 25 legen ihre Materialmischung offen.
Welche der großen Marken schneidet wie ab?
Die Cotton Rankings 2025 entstanden in Zusammenarbeit mit Good On You, einer der bekanntesten Plattformen für Nachhaltigkeitsbewertungen in der Mode- und Einzelhandelsbranche. Basierend auf der Expertise von Good on You und Solidaridad sowie umfassenden Datenerhebungen, bieten die Cotton Rankings 2025 spannende neue Insights: Leser*innen können nun Marken auf 1. die Menge zertifizierter Baumwolle, 2. den Anteil zertifizierter Baumwolle an der Gesamtmenge 3. den Vergleich zum Anteil verwendeter Kunstfasern untersuchen.
Baumwolle verliert gegenüber Kunstfasern an Boden
Die Cotton Rankings 2025 machen deutlich, dass synthetische Fasern weiter an Bedeutung gewinnen. Obwohl Baumwolle für etwa die Hälfte der analysierten Marken nach wie vor ein wichtiger Bestandteil ist, machen synthetische Fasern einen beträchtlichen Anteil aus. Die Cotton Rankings 2025 legen offen:
• 31 der 100 analysierten Marken verwenden mehr als 50 % Baumwolle in ihrer Produktion.
• 26 der 100 analysierten Marken setzen zu mehr als 50 % auf synthetische Fasern.
• 43 der 100 analysierten Marken verwenden eine breitere Mischung aus verschiedenen natürlichen und synthetischen Fasern.
Besonders alamierend ist das Ausmaß der Abhängigkeit von synthetischen Fasern bei den Marktführern. Der Fast-Fashion-Riese Shein, dessen weltweiter Marktanteil mittlerweile den von H&M und Zara übertrifft, bezieht 82 % seiner Fasern aus synthetischen Materialien. Diese übermäßige Abhängigkeit von Fasern aus fossilen Brennstoffen zementiert den wenig nachhaltigen Kurs der Branche. Größere Investitionen in Baumwille und anderen Naturfasern, die zu einer klimapositiven Lieferkette beitragen könnten, werden dadurch verpasst.
„Die Modeindustrie hat die Wahl: Entweder weiter auf Plastik setzen – oder Baumwolle als nachhaltige Kraft nutzen“, sagt Tamar Hoek, Referentin Politik Textilien bei Solidaridad. „Dafür müssen Marken ihre Ressourcen einsetzen, zertifizierte Baumwolle einkaufen und in Kleinbäuer*innen investieren.“
Anteil zertifizierter Baumwolle steigt kaum
Seit den letzten Cotton Rankings 2023 bewegt sich wenig. Viele Marken mit einem hohen Anteil zertifizierter Baumwolle setzen insgesamt nur kleine Mengen ein. Umgekehrt fehlt bei den Marken mit großem Baumwollanteil häufig die Zertifizierung. Nur 31 Marken nutzen überhaupt mehr als 50 % Baumwolle in ihren Materialmischungen – wovon nur 17 angeben, dass 50 % dieser Baumwolle zertifiziert sei.
Ein Hoffnungsschimmer ist recycelte Baumwolle: 25 Marken greifen inzwischen darauf zurück. Doch bei 12 der Marken bleibt der Anteil mit rund 1 % verschwindend gering. Dennoch ist dieser Trend zur Kreislaufwirtschaft ermutigend.
Jetzt handeln – bevor Baumwollbäuer*innen aufgeben
Baumwolle kann Leben verändern, wenn Kleinbäuer*innen faire Preise erhalten und auf nachhaltige Anbaumethoden setzen. Doch aktuell zwingen niedrige Preise die Produzent*innen zum Einsatz von Pestiziden und zum Anbau in Monokulturen – mit schwerwiegenden Folgen für die Menschen im Anbau, die Biodiversität und den Boden.
Die Verantwortung liegt bei den Marken: Sie müssen ihre Beschaffung offenlegen, auf 100 % zertifizierte Baumwolle umstellen und Kleinbäuer*innen gezielt bei einem nachhaltigeren Anbau unterstützen. Sonst steuert die Modeindustrie auf eine Zukunft zu, die von Plastikfasern bestimmt ist – und vergibt die Chance, Baumwolle als nachhaltige Alternative zu stärken.
*Alle in diesen Rankings verwendeten Daten waren vor Juni 2025 öffentlich zugänglich. Nach diesem Datum veröffentlichte Daten wurden nicht berücksichtigt. In einigen Fällen wurden Daten auf Ebene der Muttergesellschaft/Unternehmensgruppe herangezogen, um das Ranking einer Marke ganz oder teilweise zu bestimmen.
ÜBER SOLIDARIDAD
Seit über 50 Jahren setzt sich das Solidaridad-Netzwerk weltweit für eine nachhaltige, kleinbäuerliche Landwirtschaft ein. Bekannt als Mitbegründer*innen der Max Havelaar Fairtrade Bewegung in den 1980ern, haben wir früh damit begonnen, Kleinbäuer*innen als schwächstes Glied innerhalb unserer Lieferketten dabei zu unterstützen, landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder Baumwolle nachhaltig zu produzieren und auf dem globalen Markt zu vertreiben. Mit knapp 1.000 Mitarbeitenden weltweit und Projekten in mehr als 40 Ländern gehören wir heute zu den weltweit größten und erfahrensten Entwicklungsorganisationen.
ÜBER GOOD ON YOU
Good On You ist eine der bekanntesten Plattformen für Nachhaltigkeitsbewertungen in der Mode- und Einzelhandelsbranche. Seit 2015 hat Good On You eine Datenbank mit über 6.000 Einzelhandelsmarken aufgebaut, die alle anhand seines weltweit führenden Bewertungssystems hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Menschen, den Planeten und Tiere bewertet wurden. Die proprietäre Bewertungstechnologie unterstützt Nachhaltigkeitslösungen für große Einzelhändler und E-Commerce-Anbieter, darunter Unibail-Rodamco-Wesfield, Yoox-Net-A-Porter und Klarna.
Die unabhängigen Bewertungen und benutzerfreundlichen Tools von Good On You – darunter die Bewertungs-API, das Dashboard und der Good Measures Hub – helfen den größten Einzelhändlern, die Leistungen ihres Portfolios einfach zu bewerten und Millionen von Verbraucher*innen, fundierte Nachhaltigkeitsentscheidungen zu treffen.