Circular Berlin bringt EU-Vorgaben mit lokalem Pilotprojekt in die Praxis: mit Repair Bonus, Repair Days und CO₂-Messung
Berlin geht neue Wege für klimafreundliche Mode: Mit dem Start von REPAIR DEAL bringt Circular Berlin mit Unterstützung von FixFirst das erste umfassende Reparaturmodell für Textilien in die Hauptstadt. Der auf 18 Monate angelegte Pilot macht Reparaturen finanziell attraktiv, leicht zugänglich und erstmals messbar im Hinblick auf ihre CO₂-Wirkung. Ziel ist es, funktionierende Infrastrukturen für textile Wiederverwendung zu erproben und Reparatur als festen Bestandteil urbaner Klimastrategien zu verankern. Dabei werden Handwerksbetriebe, Modeunternehmen, politische Entscheidende und die zivile Bevölkerung eingebunden.
Hintergrund: Seit dem 1. Januar 2025 sind EU-weit alle Mitgliedstaaten zur getrennten Sammlung von Altkleidern verpflichtet. Doch das Sammeln der Kleidung allein genügt nicht, denn funktionstüchtige Kleidung landet weiterhin viel zu oft im Abfall. Internationale Studien wie die der European Environment Agency zeigen, dass über 90 % der entsorgten Textilien mit einfachen Mitteln weitergenutzt werden könnten. Gleichzeitig verursacht der Kleidungskonsum enorme Emissionen, etwa so viel wie Freizeit, Kultur oder Gastronomie. Dennoch fehlt es bislang an Anreizen, die Wiederverwendung zur gelebten Praxis zu machen. Arianna Nicoletti, Co-Geschäftsführerin und Textile Lead von Circular Berlin, erklärt: „Mit dem REPAIR DEAL schließen wir diese Lücke. Wir schaffen Anreize, senken Hürden, dokumentieren Wirkung und machen Reparatur zum Bestandteil städtischer Infrastruktur.“
Warum Reparatur? Warum jetzt?
Die Textilindustrie zählt zu den ressourcenintensivsten Branchen weltweit und ein Großteil der Emissionen entsteht bereits während der Herstellung. Gleichzeitig werden Kleidungsstücke oft nur kurz getragen. Laut Studien lassen sich durch Reparatur bis zu 82 % CO₂ im Vergleich zum Neukauf einsparen. Dennoch gibt es bislang kaum strukturierte Angebote oder finanzielle Anreize, insbesondere in urbanen Ballungsräumen. Mit der EU-weiten Sammlungspflicht und den ab 2027 kommenden Anforderungen zur Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) wächst der Handlungsdruck für Kommunen und Unternehmen. Der REPAIR DEAL liefert praxisnahe Antworten auf die Frage, wie klimarelevante Wiederverwendung durch gezielte Anreize, Daten und lokale Kooperationen gefördert werden kann. Sarah Keller, Projektleiterin des REPAIR DEAL bei Circular Berlin ergänzt: „Reparieren ist keine Nischenaktivität, sondern eine Schlüsselstrategie für städtischen Klimaschutz. Mit dem Reparaturbonus stärken wir faire Strukturen und zeigen, wie zirkuläres Wirtschaften konkret funktionieren kann.“
REPAIR DEAL umfasst zwei zentrale Bausteine:
1. Reparaturbonus als laufender Service
Über einen Zeitraum von 14 Monaten können in Berlin Denim Hosen bei festen Reparturbetrieben oder Pop-up-Standorten repariert werden: Ein digitaler Reparaturbonus deckt 50% der Kosten ab. Die Anmeldung erfolgt unkompliziert per Online-Formular, das in Kooperation mit FixFirst entwickelt wird; das Angebot gilt markenunabhängig.
2. Repair Days für Kreislaufwirtschaft zum Mitmachen
Vier Aktionswochen an wechselnden Berliner Standorten machen den Pilot sichtbar und erlebbar: mit offenen Werkstätten, Community-Events, Reparaturangeboten vor Ort und Dialogformaten rund um Textilkreisläufe. Ziel ist es, Reparatur als sozialen und kulturellen Bestandteil des Alltags zu stärken und neue soziale Normen für bewussten Konsum zu etablieren.
„Damit die Repair Days in ganz Berlin sichtbar werden, setzen wir auf starke Kooperationen“, ergänzt Sarah Keller von Circular Berlin. „Wir laden Unternehmen und Organisationen ein, Teil dieses Projekts zu werden und die Repair Days mitzugestalten.“
Der Berliner Pilot ist Teil des europäischen Projekts SOLSTICE, das auf die Entwicklung übertragbarer Geschäftsmodelle für eine zirkuläre Textilwirtschaft abzielt. Dafür werden Strategien und Blaupausen erarbeitet, die auch in anderen Städten und Regionen Anwendung finden können. Ergänzend wird ein umfassendes Social & Environmental Life Cycle Assessment durchgeführt. Die Ergebnisse fließen in ein gemeinsames Policy Paper ein, das Empfehlungen für politische Rahmenbedingungen hin zu einem nachhaltigen Textilmanagement formuliert. Circular Berlin verfolgt dabei einen Open-Source-Ansatz: Projektdaten werden transparent zugänglich gemacht, und die technische Lösung ist so ausgelegt, dass sie für Partner integrierbar und skalierbar bleibt.
Über Circular Berlin
Circular City – Zirkuläre Stadt e.V. (Circular Berlin) ist eine gemeinnützige Organisation, die den Wandel der Metropolregion Berlin und darüber hinaus hin zu einer zirkulären Wirtschaft vorantreibt. Durch Wissensvermittlung, Netzwerkaufbau, Pilotprojekte und Bildungsangebote gestaltet Circular Berlin die sektorübergreifende Circular-Economy-Agenda aktiv mit und arbeitet daran, einen Systemwandel zu ermöglichen und resiliente, regenerative Städte mitzugestalten.
Die Organisation kooperiert eng mit den Berliner Senatsverwaltungen für Umwelt sowie für Wirtschaft – ebenso wie mit Unternehmen, Start-ups und weiteren Akteuren aus dem Circular-Economy-Ökosystem. Im Fokus stehen ressourcenintensive Sektoren mit hohem Kreislaufpotenzial: Textilien und Mode, Bau und Stadtentwicklung, Produkt- und Materialdesign, Technologien sowie Ernährung und Biomasse.
Mehr unter: http://www.circular.berlin
Über SOLSTICE
Der REPAIR DEAL ist Teil von SOLSTICE (https://www.solstice-project.eu/), einem EU-weiten Forschungsprojekt, das modellhafte Lösungen für eine sozial gerechte, klimaorientierte Textilkreislaufwirtschaft entwickelt. Berlin ist eine von vier europäischen Pilotregionen. Die Erkenntnisse aus dem REPAIR DEAL fließen in politische Empfehlungen auf EU-, Bundes- und Landesebene ein.
Über FixFirst
FixFirst ist ein GreenTech-Startup mit der Mission, die Wegwerfgesellschaft zu beenden, indem es zirkuläre Services wie Reparaturen einfach, zugänglich und attraktiv macht – für alle.
Die Lösung steigert die Effizienz von Reparaturen um bis zu 47%, sorgt für ein zehnfach besseres Kundenerlebnis und unterstützt Marken bei der Einhaltung regulatorischer Vorgaben wie dem Recht auf Reparatur. Der modulare Ansatz kombiniert eine Plattform-as-a-Service (PaaS) mit einer Workflow-Software (SaaS) für Reparaturbetriebe, inklusive KI-Tools. Darüber hinaus kann die Gesamtlösung auch für die Abwicklung von Reparaturbonus-Programmen eingesetzt werden - so zum Beispiel in London für Elektronik und in Berlin für Textilien.
Mehr unter: http://www.fixfirst.io
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