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Neuer Mindestlohn in Bangladesch
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Die Regierung von Bangladesch hat am Dienstag den neuen Mindestlohn für die 4,4 Millionen Bekleidungsarbeiter*innen des Landes auf 12.500 Taka pro Monat (106 Euro) festgelegt. Der Betrag liegt weit unter den 23.000 Taka, die Gewerkschaften fordern. Dieser Betrag ist Studien zufolge für ein menschenwürdiges Leben in Bangladesch erforderlich.

Obwohl viele Modemarken angeben, sich für existenzsichernde Löhne einzusetzen, unterstützen nur wenige die Forderung der Gewerkschaften. Für die Beschäftigten im Bekleidungssektor bedeutet der neue Mindestlohn, dass sie weiterhin ums Überleben kämpfen müssen und gezwungen sind, exzessive Überstunden zu machen, Kredite aufzunehmen, Mahlzeiten ausfallen zu lassen oder sogar ihre Kinder statt in die Schule zur Arbeit zu schicken.

Tote bei wochenlangen Lohnkämpfen
Der äußerst intransparente und parteiische Lohnfindungsprozess wurde nach wochenlangen Unruhen in Bangladesch abgeschlossen. Die Arbeiter*innen in und um Dhaka hatten begonnen zu protestieren, nachdem der Verband der Bekleidungshersteller BGMEA im vergangenen Monat vorgeschlagen hatte, den Mindestlohn auf nur 10.400 Taka (88 Euro) anzuheben. Zwei Arbeiter und eine Arbeiterin wurden während der Proteste getötet, viele wurden verletzt oder aufgrund ihres Protests verklagt. Die Ankündigung des neuen Mindestlohns von 12.500 Taka löst derweil weitere Unruhen in der bangladeschischen Hauptstadt aus, wie die Kampagne für Saubere Kleidung Deutschland mit Berufung auf ihre Partner*innen der internationalen Clean Clothes Campaign (CCC) berichtet.

Verantwortung liegt auch bei Modemarken
Fabrikbesitzer*innen in Bangladesch behaupten, sie hätten keine finanziellen Spielräume für einen Mindestlohn über 12.500 Taka. Doch es sind deren Auftraggeber*innen, die in der Branche die Preise diktieren. „Die internationalen Modemarken müssten mit ihren Einkaufspreisen den Fabrikbesitzer*innen ermöglichen, den Näher*innen existenzsichernde Löhne zu zahlen. Stattdessen aber drücken sie die Einkaufspreise“, erklärt Aika Fischbeck von der CCC-Mitgliedsorganisation FEMNET.

Die Kampagne für Saubere Kleidung hat die hiesige Modebranche, die zu einem großen Teil in Bangladesch fertigen lässt, mehrfach aufgefordert, die gewerkschaftliche Forderung nach einem Mindestlohn von 23.000 Taka öffentlich zu unterstützen, aber fast alle Marken weigerten sich bisher. Viele Marken, darunter C&A, H&M, Primark, Esprit, Tchibo, Zalando und Aldi streben angeblich existenzsichernde Löhne an – dies scheinen nur leere Versprechen zu sein. Es liegt an diesen Unternehmen, ihren Worten Taten folgen zu lassen. In ihrer Macht stünde es, dass die Arbeiter*innen in ihrer Lieferkette mindestens 23.000 Taka erhalten, wenngleich dieser Betrag immer noch weit unterhalb des Wertes für einen existenzsichernden Lohn liegt, der von der Asia Floor Wage Alliance berechnet wird.

Kritik am Prozess
Die Gewerkschaften in Bangladesch üben scharfe Kritik am Lohnfindungsprozess - genau wie vor fünf Jahren. Sie fordern eine jährliche Überprüfung des Mindestlohns und weisen darauf hin, dass die Vertretung der Arbeitnehmer*innen im Lohnausschuss aus der größten Gewerkschaft ausgewählt werden müsste. Bei dieser und früheren Lohnverhandlungen wurde diese Vorschrift missachtet. Die Regierung ernannte einen "Arbeitnehmer*innenvertreter", der eher die Interessen der Arbeitgeber*innen und der Regierung vertritt.

Die Gewerkschaften weisen darauf hin, dass ihre Forderung von 23.000 Taka auf Grundlage des bangladeschischen Arbeitsgesetzes und der internationalen Kernarbeitsnormen (ILO-Übereinkommen 131 über die Festsetzung von Mindestlöhnen) berechnet wurde, während der Vorschlag der Arbeitgeber*innen dieser legitimen Grundlage entbehrte.

Weitere Informationen auf http://Saubere-kleidung.de und http://Femnet.de

Bild: Arbeiter*innen protestierten, hier am 2.10.2023, in Bangladesch für eine Mindestlohnerhöhung auf 23000 Taka. Foto: Clean Clothes Campaign