Die Konjunkturzahlen per April zeigen noch immer eine insgesamt positive Entwicklung im Bekleidungssegment. Bei Textil hingegen sind die Vorzeichen bei vielen Indikatoren sogar negativ. Die Frühindikatoren wie beispielsweise die Auftragseingänge lassen nicht auf kurzfristige Verbesserung hoffen. Die aktuellsten ifo-Umfragedaten vom Juni zeigen zudem, dass die Unternehmen die kurzfristige Entwicklung zunehmend pessimistischer einschätzen. Die Lagerhaltung wird insgesamt als zu hoch, die Auftragslage als unbefriedigend beurteilt.
Die Umsätze steigen auch im April nur bei Bekleidung weiter an. Nach +7,8 % im Monat April liegen die Bekleidungsumsätze per April jetzt bei +16,2 % gegenüber dem Vorjahr. Demgegenüber sinken die Textilumsätze im April um -6,7 %, so dass hier per April lediglich ein kleines Plus von +0,4 % verbleibt. Von der schlechten Entwicklung sind besonders die technischen Textilien betroffen, aber auch Vliesstoffe und die Webereiprodukte. Insgesamt liegen die Umsätze der Gesamtbranche jetzt bei +6,0 % in den ersten vier Monaten des Jahres.
Die Beschäftigung entwickelt sich entsprechend: Während bei Textil Ende April -1,2 % weniger Personen beschäftigt sind als im Vorjahr, sind es bei Bekleidung +5,2 % mehr. Insgesamt steigt die Beschäftigung gegenüber Vorjahr damit um +0,7 %. Die (nominalen) Bruttolohn- und Gehaltssummen steigen hingegen an: Bei Bekleidung um +9,0 % per April, bei Textil trotz des Rückgangs der Beschäftigung um +3,3 %. Die geleisteten Arbeitsstunden liegen bei Textil in den ersten vier Monaten mit -0,5 % nur ein wenig niedriger als im Vorjahr, bei Bekleidung sind es +3,9 % mehr.
Die inländische Produktion1) des Jahres 2023 ist bisher klar niedriger als im Vorjahr: bei Bekleidung per April um -6,2 %, bei Textil um -6,7 %. Die Produktion entwickelt sich auch weiterhin nicht parallel zu den stetig steigenden Umsätzen und liegt auch noch unter dem Stand von 2019. Zudem handelt es sich um Nominalwerte, die reale Produktion in Deutschland ist entsprechend der Inflation noch niedriger anzusetzen.
Die Auftragseingänge entwickeln sich, wie die meisten Konjunkturparameter derzeit, bei Bekleidung positiver als bei Textil: Bekleidung verzeichnet in den ersten vier Monaten +4,1 % mehr Aufträge, bei Textil hingegen sind es deutliche -11,6 % weniger. Auch die aktuellen ifo-Umfragewerte im Juni zeigen die gleiche Tendenz, wenn auch in der Bekleidungsindustrie der Optimismus am aktuellen Rand etwas abnimmt.
Die Erzeugerpreise steigen in Folge der hohen allgemeinen Inflation, insbesondere auf den Beschaffungs- und Energiemärkten weiterhin an. Textil ist stärker betroffen, wie sich auch am Erzeugerpreisindex zeigt: Per April ist dieser bei Textil um +9,3 % gestiegen, bei Bekleidung um +5,9 %.
Der nominale Umsatz im Bekleidungseinzelhandel ist im Monat April gesunken, und zwar um -1,8 %. Auch der gesamte Einzelhandel war rückläufig (-0,9 %), was auch an der geringen Zahl von nur 18 Geschäftstagen im April lag. Nominal steigt der Umsatz im Bekleidungseinzelhandel per April allerdings noch immer um +9,5 %, beim gesamten Einzelhandel waren es +2,9 %. Die Verkaufspreise bei Bekleidung stiegen per April um +4,4 %, im gesamten Einzelhandel waren es +9,8 %.
Der Außenhandel entwickelt sich bei Textil rückläufig. Per April wurde -3,7 % weniger exportiert, die Importe sanken sogar um -15,2 %. Bekleidung hingegen konnte bisher das Exportvolumen um +3,3 % steigern, die Importe sanken hingegen um -4,7 %.
Der Einfuhrüberschuss sinkt aufgrund des hohen Importrückganges bei Textil per April 2023 um -25,1 %.
Die Rohstoffeinfuhren sinken aufgrund der hohen Rohstoffpreise des Vorjahres teils preisbedingt per April um -13,2 %.
ifo-Konjunkturklimaindex Juni 2023
Das Konjunkturklima in der Industrie hat sich im Juni insgesamt deutlich eingetrübt, vor allem getrieben durch die klar pessimistischeren Aussichten in der Industrie. Der Bekleidungssektor folgt dieser Einschätzung, so dass das Konjunkturklima bei Bekleidung wie schon in den vergangenen sechs Monaten nochmals gesunken ist. Allerdings bewegt sich das Konjunkturklima bei Bekleidung noch immer auf relativ hohem Niveau. Im Gegensatz dazu war das Klima der Textilunternehmen in den vergangenen Monaten deutlich pessimistischer. Das relativiert die Tatsache, dass Textil im aktuellen ifo-Index zu den wenigen Branchen mit einer positiveren Einschätzung der kurzfristigen Erwartungen zählt.
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