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Ressourceneffizienz in der Textilherstellung
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Autor: Tobias Frerichs, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, VDI Zentrum Ressourceneffizienz

In der Textilindustrie haben sich zahlreiche Unternehmen das Ziel gesetzt, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, ergreifen die Unternehmen ganz unterschiedliche Maßnahmen – je nach Position innerhalb der Wertschöpfungskette. Einige Maßnahmen, die den Verbrauch von Material und Energie reduzieren, eignen sich jedoch für alle Unternehmen gleichermaßen. Dabei geht es neben der ökologischen Verantwortung auch um die Senkung von Kosten sowie die Verbesserung der eigenen Wettbewerbsposition. Im Folgenden werden daher zunächst allgemeine Maßnahmen zur Einsparung von natürlichen Ressourcen aufgezeigt und auf die Besonderheiten in der Textilindustrie eingegangen. Weiterführende Informationen sind verlinkt.

Stoffstrommanagement als Grundlage
Eine erste Aktivität, um die Transparenz des eigenen Ressourceneinsatzes zu erhöhen, kann die Erfassung der Energie- und Stoffströme sein. Je nach Größe des Unternehmens und des Digitalisierungsgrades kann dies manuell oder automatisiert erfolgen. Bei der Erfassung der Stoffströme sollte dabei zunächst holistisch vorgegangen werden. Das bedeutet, dass als Ausgangspunkt erfasst wird, welche Mengen an z. B. Energie, Material, Hilfsstoffen etc. in die Produktion einfließen und welche Produktionsmenge, aber auch Abfallströme daraus generiert werden. Anschließend werden diese Energie- und Stoffströme auf die darunterliegenden Ebenen, bspw. Abteilungs-, Maschinen- und Arbeitsschrittebene, aufgeteilt. Wie detailliert die Stoffströme erfasst und zugeteilt werden können, hängt zum einen von der bestehenden Datengrundlage ab. Zum anderen davon, welcher Aufwand betrieben werden soll, um eine geeignete Datengrundlage für die späteren Maßnahmen zu schaffen. [1]

Neben der Ableitung von Maßnahmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz können die erhobenen Daten auch einen ersten Grundstein für die Einführung eines Umwelt- oder Energiemanagementsystems nach ISO 14001 bzw. ISO 50001 bilden. Das Ziel eines solchen Systems ist es, eine durchgängige Umwelt- bzw. Energiepolitik im Unternehmen zu entwickeln und Performanceindikatoren zur Erreichung dieser Ziele zu identifizieren, um daraus konkrete Maßnahmen zur Umsetzung abzuleiten. Entscheidend für den Erfolg eines solchen Systems, aber auch für die grundsätzliche Erfassung der Stoffströme, ist es, eine entsprechende Umgebung aufzubauen, in der die Umwelt- bzw. Energieziele erreicht werden können. Das umfasst, wenn nötig, den Einsatz einer entsprechenden Sensorik und Software ebenso wie die Schulung der eigenen Mitarbeitenden, die die Systeme anwenden sollen. [1] Weiterführende Informationen zu den verschiedenen Ressourcenmanagementsystemen sind in der Kurzanalyse Nr. 13 „Ressourcenmanagement - Managementsysteme und ihr Beitrag zur Steigerung der Ressourceneffizienz“ und in der Studie „Managementsysteme und das Management natürlicher Ressourcen“ des VDI Zentrums Ressourceneffizienz (VDI ZRE) aufgeführt.

Durch den umfangreichen Einsatz von Chemikalien in der Textilindustrie empfiehlt sich zudem die Einführung eines Chemikalienmanagementsystems. Ziel eines solchen Systems sollte sein, alle eingesetzten Chemikalien, deren Menge, Einsatzorte, Toxizität etc. zuverlässig zu erfassen. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzung mit der REACH-Verordnung. Die Chemikalien können auf Basis dessen nach Grad ihrer Toxizität für die Umwelt nach umweltfreundlicheren Alternativen überprüft und gegebenenfalls substituiert werden. Dieser Vorgang sollte regelmäßig durchgeführt werden, um so auch neuere Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu berücksichtigen. [1]

Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz
Nachdem die notwendigen Energie- und Stoffströme erfasst sind, können diese für die Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz genutzt werden. Bei der Auswahl von Verbesserungsvorhaben sollte darauf geachtet werden, zunächst Maßnahmen zu priorisieren, die sich durch eine möglichst hohe Ressourceneinsparung bei gleichzeitig geringem Umsetzungsaufwand auszeichnen. Durch die Einsparung von Ressourcen wird zügig ein finanzieller Spielraum geschaffen, der genutzt werden kann, um sukzessive aufwendigere Vorhaben anzugehen.
Eine dieser ersten, leicht umsetzbaren Maßnahmen wäre die Überprüfung der bestehenden Druckluftleitungen. Die eingesetzten Druckluftsysteme sind oftmals historisch gewachsen und daher häufig ineffizient. Dabei ist Druckluft eine der teuersten Energieformen. Um mit diesem kostbaren Medium schonend umzugehen, sollte zunächst überprüft werden, in welchen Bereichen und zu welchen Zeiten Druckluft tatsächlich benötigt wird. Anschließend kann dieser und auch der potenzielle zukünftige Bedarf mit dem aktuellen Versorgungsnetz abgeglichen werden. Häufig werden so bereits verschiedene Optimierungspotenziale deutlich. Zum einen können die bestehenden Leitungslängen auf das notwendige Maß gekürzt werden, zum anderen Kompressoren effizienter genutzt oder sogar durch kleinere Anlagen ersetzt werden. [2] Möchte ein Unternehmen darüber hinaus den Druckluftverbrauch optimieren, empfiehlt sich die Ausstattung des Druckluftsystems mit einer entsprechenden Sensorik zur Erfassung von Druckabfallen. Auf diese Weise können Leckagen frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor diese dem Unternehmen unnötig hohe Kosten verursachen. Diese Aufrüstung hat einen weiteren Vorteil: Die zukünftige Erfassung der Stoffströme kann genauer und effizienter erfolgen. [3]

Abseits der Druckluft sollte außerdem der Einsatz von weiteren Hilfsstoffen und Wasser überprüft werden. Hierbei geht es neben einer grundsätzlichen Minimierung des Ressourceneinsatzes auch um die Möglichkeit einer erneuten Verwendung beispielweise durch die Kaskadennutzung von Wasser und Hilfsstoffen. Bei einer Kaskadennutzung wird z. B. Wasser aus einem Spülprozess erneut verwendet. [4]

Da in der Textilindustrie in der Regel mehrere Spülvorgänge notwendig sind, kann bspw. überprüft werden, ob das benutzte Spülwasser der letzten Spülstufe als Spülwasser der ersten Spülstufe wiederverwendet werden kann, um so den Wasserverbrauch zu reduzieren. Im Fall der Hilfsmittel, wie z. B. Schlichte, sollte darauf geachtet werden, möglichst viel der eingesetzten Hilfsmittel durch Rückgewinnungsprozesse wie bspw. Ultrafiltration zu erhalten.[5]

Grundsätzlich kann auch die Anordnung der Fertigungsanlagen überprüft werden. Ähnlich wie beim Druckluftsystem ist diese häufig historisch gewachsen. So umfassen aufeinanderfolgende Prozessschritte, wie z. B. Netzen bzw. Waschen und Bleichen oder Kalt- und Warmspülen, mehrere Waschvorgänge, die durch eine Parallelisierung reduziert werden können. Wird diese Optimierung über den gesamten Prozess umgesetzt und mit einer Wärmerückgewinnung bzw. mit der Wiederverwendung von Abwasser verbunden, ergeben sich erhebliche Einsparpotenziale. [5]

Insbesondere in der Textilindustrie lohnt es sich, den Wärmeeinsatz zu überprüfen. So erfordern Trocknungsprozesse große Mengen an Wärme. Eine Möglichkeit zur Optimierung ergibt sich durch den Einsatz von Solarthermie zur Erzeugung der benötigten Wärme. [6]

Darüber hinaus sollte zudem eruiert werden, welches Temperaturniveau in den einzelnen Trocknungsschritten oder Bereichen des Unternehmens notwendig ist und welches die jeweils generierte Abwärme aufweist. Ist das Temperaturniveau der Abwärme ausreichend hoch, kann die Abwärme mittels Wärmetauscher zur Substitution von Primärwärme genutzt werden. [7]

Neben den oben beschriebenen übergeordneten Maßnahmen gibt es in den einzelnen Wertschöpfungsstufen der Textilindustrie spezifische Maßnahmen, durch welche natürliche Ressourcen eingespart werden können. So entscheidet sich bereits bei der Rohstoffauswahl zur Faserherstellung, welchen Einfluss die hergestellten Textilien auf die Umwelt haben. Beispielsweise können aus Alttextilien Fasern für die Herstellung von Vliesstoffen (100 %) oder Stapelfasergarnen (50 – 60 %) verwendet werden. [8]

Beim Spinnen kann der Verbrauch von Material und Energie durch den Einsatz von Synthesefasern gesenkt werden. Wird z. B. das Nassspinnverfahren durch ein Schmelzspinnverfahren ersetzt, lassen sich Salze, Lösemittel, Schwermetalle und Schwefel einsparen. Dies führt zu einer geringeren Abwasserbelastung. [9]

Wenn anschließend Textilien durch Weben, Stricken bzw. Wirken oder auch Tuften hergestellt werden, sollten insbesondere die Einstellungsparameter der verwendeten Anlagen überprüft werden. Hierfür eignen sich insbesondere Simulationsverfahren, bei welchen anhand eines digitalen Abbildes der Anlage werden verschiedene Einstellungsparameter getestet werden. Die vielversprechendsten Parameterkombinationen können anschließend in der realen Fertigung verwendet werden. Mit diesem Vorgehen lassen sich je nach Zielvorgabe Ressourcen wie z.B. Druckluft einsparen oder die Prozesssicherheit erhöhen. Ein wesentlicher Effekt sind dabei weniger Prozessunterbrechungen. [10]

Werden die hergestellten Textilien anschließend veredelt, können organische Stoffe freigesetzt werden, welche gesammelt und gefiltert werden müssen. Alternativ kann die Abluft mit einer regenerativ-thermischen Nachverbrennungsanlage (RNV) von diesen Stoffen befreit werden. Die dabei freigesetzte Wärme kann durch ein geeignetes Wärmemanagement genutzt werden, um z.B. die Prozesswärme für die Färberei bereitzustellen. Auf diese Weise hat die Eing Textilveredlung und Handelsgesellschaft mbH & Co. KG pro Jahr etwa 1.600 MWh (Erdgas) eingespart und dadurch 290,8 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden. [11]

Die oben aufgeführten Maßnahmen können Unternehmen helfen, Ressourcen zu sparen. Dennoch wird oft mit dem zum Teil hohen Investitionsbedarf als Hürde für eine Anpassung des Produktionsprozesses argumentiert. Es gibt jedoch zahlreiche Förderprogramme, die Unternehmen finanziell sowie beratend unterstützen. Eine Auswahl von Förderprogrammen, die eine Steigerung der Ressourceneffizienz unterstützen, sind auf der Seite „Förderung und Beratung“ des VDI ZRE aufgeführt.

Darüber hinaus können weitere ausgewählte Gute-Praxis-Beispiele und aktuelle Forschungsprojekte zur Steigerung der Ressourceneffizienz in der Textilindustrie in der Prozesskette „Industrietextilien“ des VDI ZRE nachgelesen werden. Das Kompetenzzentrum arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).



Literaturverzeichnis
[1] Directorate B – Growth and Innovation Circular Economy and Industrial Leadership Unit European IPPC Bureau (2019): Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Textiles Industry. Draft 1. Working Paper. Directorate B – Growth and Innovation Circular Economy and Industrial Leadership Unit European IPPC Bureau.
[2] Eberhardt, L.; Itasse, S. (2012): Steuerung vermeidet teuren Druckluft-Leerlauf. Vogel Communications Group GmbH & Co. KG. Online verfügbar unter https://www.maschinenmarkt.vogel.de/steuerung-vermeidet-teuren-druckluft-leerlauf-a-354605/, zuletzt geprüft am 22.03.2019.
[3] Werner, D.; Ruppelt, E.; Koehler, D. (2018): Druckluft in der pharmazeutischen Industrie. Aulendorf: ECV Editio Cantor Verlag.
[4] VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH (VDI ZRE) (2022): Kaskadennutzung. Online verfügbar unter https://www.ressource-deutschland.de/themen/kreislauffuehrung/kreislauffuehrung-im-verarbeitenden-gewerbe/kaskadennutzung/, zuletzt aktualisiert am 26.01.2022, zuletzt geprüft am 26.01.2022.
[5] Schönberger, H.; Schäfer, T. (2003): Beste Verfügbare Techniken in Anlagen der Textilindustrie. Hg. v. Umweltbundesamt. Umweltbundesamt. Berlin (Forschungsbericht 200 94 329 - UBA-FB 000325). Online verfügbar unter S. 228f. Link
[6] VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH (VDI ZRE) (2014): Prozesswärme - Mit der Sonne produzieren | Ressourceneffizienz. Online verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=MN1rmoMAbbk, zuletzt geprüft am 26.01.2022.
[7] VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH (VDI ZRE): Vernetzung von Wärme. Online verfügbar unter https://www.ressource-deutschland.de/themen/bauwesen/vernetzung-von-waerme/, zuletzt geprüft am 26.01.2022.
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