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Coronavirus: Fashionindustrie kämpft gegen Kleiderflut
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• Verspätete Massenlieferungen aus Asien lösen Containerstaus aus.

• Höhere Logistikkosten und Rabattschlachten bedrohen Finanzsituation der Unternehmen.

• Nachlaufzeit verdoppelt sich im Schnitt auf zwölf Tage.

Eine Flut von verspätet eintreffenden Warenlieferungen aus Asien bringt derzeit die Fashionbranche unter Druck. Weil die Logistikzentren aufgrund des Lockdowns voll sind, suchen die Bekleidungsimporteure nach günstigen Zwischenlagern und nutzen alle Möglichkeiten, die Lieferungen hinauszuzögern. Sie rufen beispielsweise die Container so spät wie möglich in den Häfen ab, leere Container kommen dementsprechend später zurück in die Depots. Gleichzeitig leidet der Bekleidungshandel darunter, dass in vielen Speditionen Lagerarbeiter und Lkw-Fahrer in Kurzarbeit sind. „Nicht nur der Abverkauf der Kleidung ist gestört, sondern der gesamte Logistikfluss“, betont Ralf Düster, Vorstand des Softwarespezialisten Setlog.

Das Bochumer Unternehmen hat festgestellt, dass sich seit dem 9. April der Nachlauf innerhalb Deutschlands im Vergleich zum Vorjahr von im Schnitt sechs auf bis zu zwölf Tage verlängert hat. Das geht aus einer Setlog-Analyse unter 100 Marken hervor, die an die SCM-Software OSCA angeschlossen sind. Sie datiert vom 29. April.

Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) hatte bereits vor einigen Tagen darauf hingewiesen, dass die Lager der Unternehmen „voll“ seien und jetzt „zu viel Ware“ auf einmal aus Asien in Deutschland ankomme. Experten gehen davon aus, dass zusätzliche Logistikkosten für kurzzeitige Zwischenlagerungen die ohnehin schon finanziell belasteten Bekleidungsanbieter weiter unter Druck bringt. „Die wenigsten Firmen werden die Verluste kompensieren können, die durch den entgangenen Abverkauf bisher entstanden sind“, betont Fashionfachmann Düster. Er befürchtet, dass viele Unternehmen jetzt Rabattaktionen starten. Zu schaffen mache es den großen Kaufhäusern in vielen Bundesländern zudem, dass sie zwar öffnen können, aber ihre Ware auf unter 800 Quadratmetern Verkaufsfläche präsentieren müssen. „Gerade im Fast Fashion-Bereich, in dem alle paar Wochen die Kollektionen wechseln, ist es fraglich, ob Waren überhaupt noch in die Geschäfte gebracht werden“, so Düster. Hemden, Hosen & Co., die aufgrund der Covid-19-Pandemie in Asien erst verspätet produziert wurden, müssen teilweise bis zum nächsten Jahr eingelagert werden. Schlimmstenfalls werden Anbieter auch unverkäufliche Ware vernichten.

Düster rät Fashionanbietern, alle logistischen Möglichkeiten zu prüfen und dann mit den richtigen Logistikpartnern umzusetzen, um Geld zu sparen. Doch die Optionen sind begrenzt. In Häfen wie etwa Hamburg stapeln sich bereits jetzt die Container und der Terminalbetreiber HHLA sucht bereits nach Flächen außerhalb der Anlagen, um ein Chaos zu vermeiden. Importeure können, um Zeit zu gewinnen, zwar Container erst später als üblich abrufen, doch überscheiten die Unternehmen eine Zeitgrenze, drohen in allen Häfen Gebühren. „Ein 40-Fuß-Standardcontainer beläuft sich dann inklusive den Kosten für Demurrage und Detention pro Tag bis auf 200 Euro. Gerade im Fast Fashion-Bereich mit geringen Margen machen so hohe zusätzliche Logistikkosten betriebswirtschaftlich keinen Sinn“, so Düster.



Bild: Textilproduktion für Modemarken: Verspätete Warenlieferungen aus Asien bringen Fashionanbieter in Schwierigkeiten. Foto: Terri Bleeker/unsplash