Das Jahr 2023 verlief insgesamt nicht zufriedenstellend. Die einzelnen Segmente entwickelten sich jedoch unterschiedlich. Während die Unternehmen der Bekleidungsindustrie steigende Kennzahlen bei Umsatz, Beschäftigung und im Einzelhandel verzeichnen konnten, waren die Konjunkturdaten der Textilhersteller meist von Rückgängen geprägt.
Nach wie vor leiden die Textilhersteller mehr unter dem Margendruck, der durch immer noch sehr hohe Beschaffungs- und Energiekosten besteht. Hier reichen die nur mäßig steigenden Erzeugerpreise als Ausgleich oft nicht aus. Der Außenhandel leistete ebenfalls keinen positiven Beitrag. Insgesamt sanken die Exporte, insbesondere aber die Importe deutlich. Die jüngsten Umfrageergebnisse legen keine baldige Trendwende zum Besseren hin nahe.
Das Jahr 2023 im Einzelnen:
Umsatz
Die gesamte Branche schließt das Jahr 2023 mit einem Umsatzplus von +2,7% ab. Allerdings verlief das vergangene Jahr für die beiden Teilsegmente Textil und Bekleidung sehr unterschiedlich: Während Textil mit -1,9% trotz Inflation Umsatzrückgänge verbuchen musste, steigerte der Bekleidungssektor seine Umsätze deutlich um +10,8 %.
Die Segmententwicklung
Betrachtet man die Entwicklung der Teilsegmente, so wird bei Textil deutlich, dass die schwachen Umsatzzahlen des vergangenen Jahres im Wesentlichen auf die technischen Textilien und die Vliesstoffe zurückzuführen sind, die nicht nur zu den größten Teilsegmenten gehören, sondern die in der Vergangenheit auch wesentliche Umsatztreiber bei Textil waren. Die meisten übrigen Teilsegmente konnten bis auf die Webereien, Wirk/Strick und die sonstigen Textilwaren ihren Umsatz steigern.
Im Bekleidungssegment konnten nach 2022 auch im vergangenen Jahr 2023 nahezu sämtliche Teilsegmente nach den Krisenjahren wieder deutlich Umsatz hinzugewinnen. Vor allem der größte Teilbereich, die sonstige Oberbekleidung, stützte mit einem zweistelligen Plus die positive Umsatzentwicklung. Auch die Arbeits- und Berufsbekleidung sowie die Strumpfwaren konnten ihre Umsätze im vergangenen Jahr kräftig steigern.
Die Übersicht zur Zielregion der Umsätze zeigt, dass im Gegensatz zu den Vorjahren der Auslandsumsatz weniger bedeutend war. Die Exportzahlen waren bei Textil sogar rückläufig insbesondere die Exporte in das Ausland, vor allem in das außereuropäische Ausland. Diese Entwicklung hat aufgrund der großen Bedeutung der Auslandsmärkte das Textilsegment im vergangenen Jahr erheblich belastet. Immerhin stiegen die inländischen Absätze leicht um +2,0%. Anders im Bekleidungssegment: Sowohl der Auslands- als auch der Inlandsabsatz legten teils kräftig zu. Besonders deutlich war das Plus im außereuropäischen Ausland, ganz im Gegensatz zu der Entwicklung bei Textil.
Der Rückgang der Beschäftigtenzahlen während der Corona-Jahre konnte bereits 2022 gestoppt werden. Die Beschäftigtenzahlen wurden in etwa gehalten. Im vergangenen Jahr 2023 verlief die Entwicklung der Beschäftigung jedoch entsprechend der Umsatzentwicklung in den beiden Teilsegmenten unterschiedlich: Während im Bekleidungssektor die Beschäftigtenzahlen um +1,5% im Jahresdurchschnitt zunahmen, bauten die Unternehmen im Textilsektor -1,9% der Stellen ab. Insgesamt sank die Beschäftigung im Jahresdurchschnitt damit um -0,8%.
Die geleisteten Arbeitsstunden sind im vergangenen Jahr insgesamt leicht um -0,5% zurückgegangen. Dabei gehen die geleisteten Arbeitsstunden bei Textil um vergleichsweise deutliche -2,3% zurück, während bei Bekleidung +3,8% mehr Stunden geleistet wurden. Die Bruttolohn- und Gehaltssummen steigen hingegen aufgrund von Lohnsteigerungen deutlicher: um +2,0% bei Textil und um +7,4% bei Bekleidung. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr +3,7% mehr Lohn und Gehalt gezahlt.
Produktion
Die inländische Produktion nahm im vergangenen Jahr ab, und zwar in beiden Segmenten: bei Textil um recht deutliche -7,0% und bei Bekleidung trotz der insgesamt positiven Gesamtentwicklung um -3,9%.
Preise
Die Beschaffungspreise für Rohstoffe haben sich nach den teils exorbitanten Steigerungen wieder auf niedrigeren Niveaus bewegt. Die Energiepreise bleiben allerdings noch immer auf historischen Höchstständen, denn die Preisniveaus der Jahre bis ca. 2020 werden trotz deutlicher Rückgänge noch immer deutlich überschritten. Die Beschaffungskosten für Rohstoffe sind ebenfalls gesunken, aber aufgrund der hohen Energieintensität bleiben auch wichtige Vorprodukte wie Chemiefasern, Farbstoffe und Kunststoffe allgemein sehr kostenintensiv. Allein die Kosten für die Seespedition haben sich wieder auf dem Niveau der Vorjahre eingependelt, was zu einem verstärkten relativen Kostenvorteil für Importe führt.
Demgegenüber sind die Erzeugerpreisindizes (Verkaufspreise Inlandsabsatz) für Textilien und Bekleidung mäßig gestiegen: Textil +5,3 %, Bekleidung +4,8 %.
Verkaufspreisex
Textil: +5,3 %
Bekleidung: +4,8 %
Beschaffungspreise
2023 ggü. 2022 (Gesamtjahr) / Dezember 2023 ggü. Dezember 2022
Farbstoffe + 4 % / -2,6 %
Kunststoffe, in Primärformen -5,3 % / -9,2 %
Chemiefasern +3,0 % / -5,1 %
Elektrischer Strom +12,7 % / -1,1 %
Gas (Industriekunden) -35,6 % / -38,3 %
Seespedition -43,2 % / -52,0 %
Einzelhandel
Einzelhandel Umsatzveränderung 2023
Bekleidungseinzelhandel: +3,0 %
gesamter Einzelhandel : +2,2 %
Die Umsätze des Bekleidungseinzelhandels entwickelten sich im Jahr 2023 mit einem Plus von +3,0 % positiv und auch besser als der Einzelhandel insgesamt mit einem Plus von +2,2 %.
Die Entwicklung der gesamten Branche einschließlich Textil und Schuhe verlief mit einem Plus von +5,6 % noch etwas besser, mit einer etwas schwächeren Tendenz zum Jahresende hin. Der Versand/Online-Handel konnte nach den coronabedingten sehr starken Zuwächsen und dem anschließenden Rückgang des Vorjahres immerhin wieder um +1,5 % zulegen.
Durch die Corona-Pandemie wurde der Online-Handel auf ein Rekordniveau gehoben, das auch 2023 noch nicht wieder erreicht wurde. Insgesamt liegen die Einzelhandelsumsätze wieder auf dem Vorkrisenniveau.
Außenhandel
Das Außenhandelsvolumen insgesamt ist im vergangenen Jahr gesunken. Exporte und Importe sanken teils deutlich.
Die Exporte sanken insbesondere in der mit Abstand wichtigsten Region, im EU-Binnenmarkt. In nahezu sämtlichen wichtigen Abnehmerländern wie Italien, Niederlande oder Österreich sanken die Exporte deutlich. Wie schon im Vorjahr gingen auch die Exporte nach China zurück, prozentual gesehen sogar erheblich. Von den sinkenden Exporten war vor allem das Textilsegment betroffen, weniger die Bekleidung. Gestiegene Exporte konnten nur in wenige Länder vermeldet werden, z. B. in die Ukraine oder die Türkei.
Die Importe sanken im Vorjahr auf breiter Front. Nur wenige einzelne Länder exportierten mehr nach Deutschland als im Vorjahr. Bis auf einige Balkanstaaten waren jedoch keine Importmärkte von Bedeutung. Dieser ungewöhnliche Befund ist durch verschiedene Faktoren geprägt. Zum einen ist das Importvolumen nicht so stark gesunken, wie es die in Euro ausgedrückten Werte vermuten lassen. Auch sanken viele Preise im vergangenen Jahr teils deutlich, wie z. B. für energieintensive Vor- und Zwischenprodukte oder auch die Frachtraten aus Fernost. In Europa haben sich zudem nach den außerordentlich hohen Importen des Jahres 2022 hohe Lagerbestände aufgebaut, die im Laufe des Jahres 2023 verstärkt abgebaut wurden. Die Importe stiegen in der Folge jedoch kaum, zumal die Ertragsaussichten im Laufe des Jahres zunehmend negativ beurteilt wurden.
Kurzfristige Perspektiven
Die Konjunkturumfrage des Gesamtverbandes textil+mode zu Anfang des Jahres 2024 zeigt die seit nunmehr zwei Jahren andauernde Verschlechterung des Konjunkturklimas in der Branche. Die Lageeinschätzungen und die Erwartungen sinken in beiden Segmenten, bei Textil jedoch in stärkerem Maß als bei Bekleidung. Der aktuelle Trend scheint sich damit vorerst fortzusetzen. Eine Trendwende, insbesondere bei Textil, ist für die kommenden Monate bisher nicht in Sicht.
Auch der ifo-Geschäftsklimaindex hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres 2023 sukzessive verschlechtert. Insbesondere bei Bekleidung hat sich die sehr positive Stimmungslage über die Monate hinweg deutlich eingetrübt. Auch die Industrie insgesamt sieht sich mit anhaltend pessimistischen Einschätzungen konfrontiert. Die Beurteilungen in der Textilindustrie verlaufen annähernd parallel zu denen in der gesamten deutschen Industrie.
Den vollständigen Konjunkturbericht inklusive aller Charts finden Sie im Anhang.
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