Der Begriff der Digitalisierung ist in aller Munde. Arbeit und Alltag werden sich verändern. Doch wie kann die Schweizer Textilwirtschaft davon profitieren? Der Swiss Textiles Innovation Day in Dübendorf mit knapp 200 Teilnehmenden lieferte Ideen und Antworten.
Am Donnerstag, 25. August hat an der Empa-Akademie in Dübendorf der alljährliche Innovation Day der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie stattgefunden. Präsentiert wurde der Anlass von Swiss Textiles und seinen Forschungspartnern, der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), der Hochschule Luzern (HSLU), der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Schweizerischen Textilfach-schule (STF).
Im Fokus stand die „Industrie 4.0“, die die Produktionslandschaft von Unternehmen umfassend und nachhaltig verändern wird. Besonders KMUs und damit viele Textilunternehmen stehen vor der Herausforderung, das Thema greifbar zu machen und praktisch umzusetzen. Prof. Dr. Thomas Friedli von der Universität St. Gallen präsentierte Erkenntnisse und zeigte die Herausforderungen und Potenziale für die Umsetzung auf. Über konkrete Projekterfahrung zum Thema verfügt die Hochschule Rapperswil. Prof. Dr. Roman Hänggi ist sich sicher: „Das Zusammenspiel von physischem Produkt, Software, Daten und auch Prozessen wird für die Textilindustrie in Bezug auf Produktivitätsfortschritt und neuen Möglichkeiten für Produktinnovationen zentral sein“.
Bemerkenswerte Entwicklungen von den "Jungen Wilden"
Neben der Digitalisierung wurden neue Schweizer Textil-Innovationen präsentiert. Für Aufsehen sorgte ein textiles Exoskelett. Exoskelette unterstützen Menschen mit Muskelschwäche aktiv beim Ausführen von Bewegungen und ermöglichen so Alltagstätigkeiten wie das Aufstehen von einem Stuhl, das Treppensteigen oder auch das Gehen. Allerdings weisen herkömmliche Exoskelette infolge ihres sperrigen Aufbaus zahlreiche Nachteile auf. Hier setzt das von Kai Schmidt von der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der STF entwickelte textile Exoskelett – der Exosuit – an. Damit MAXX (Mobility Assisting teXtile eXoskeleton) komplett in das Leben der Menschen integriert werden kann, sieht es von der Verwendung starrer Stützstrukturen ab, hat ein geringeres Gewicht, ist flexibel und kann den ganzen Tag getragen werden.
Neue Wege geht auch die Produktdesignerin Sabina Brägger von der Hochschule Luzern. Sie weiß: «In der Schweiz fallen täglich Abfallmaterialien an, deren Potenzial oftmals unbeachtet bleibt. Als Designerin suche ich genau nach diesem Potenzial, erforsche und mache es für das Produktdesign nutzbar». In der Praxis bedeutet dies, dass Brägger aus glibrigen Fischhäuten preziöses Leder oder aus zotteligem Bisonhaar kaschmirweiche Wolle macht. Die Baslerin Ylenia Gortana, Absolventin der Kunsthochschule Berlin Weissensee, zeigte eine Soundjacke, die Performance und Mode interaktiv verbindet und in der internationalen DJ-Szene auf große Resonanz stößt.
Neue Verfahren für Architektur und Medizin
Die Hochschule Luzern hat zusammen mit Wirtschaftspartnern ein textiles System zur nachträglichen Gebäudedämmung entwickelt. Dieses kann beispielsweise zur Sanierung von Industrie- und Sport-hallen aus den 70er/80er Jahren eingesetzt werden, die nicht mehr den heutigen Anforderungen an Energieeffizienz entsprechen. Dazu werden technische Textilien in Kombination mit Steinwollgranulat als textiles Innendämmsystem präzise auf die vorhandene Konstruktion zugeschnitten.
Die Empa präsentierte ein neues Verfahren, um flexible, mechanisch starke, nicht-toxische und preiswerte optische Polymerfasern (POF) herzustellen. Diese Fasern eignen sich für die Integration in Textilien mittels Weben, Sticken oder Nähen und werden bevorzugt bei der Herstellung von «smart textiles» eingesetzt, also Textilien, die auf gewisse Anregungen, wie z. B. Licht ansprechen. So können smart textiles eingesetzt werden, um Körperparameter wie die Herz– oder Atmungsfrequenz zu ermitteln.
Ebenfalls eine neues Verfahren hat die Firma AVA Biochem entwickelt. Mittels hydrothermalem Prozess wird aus Zucker 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF) gewonnen. 5-HMF gilt als eine vielversprechende «grüne» Plattformchemikalie und ist Ausgangsmaterial von biobasierten neuen Polymeren. In der Textilindustrie hat 5-HMF besonders als Formaldehyd-Ersatz großes Potenzial.
Im Vorfeld des Innovation Day fand das Seminar „step by step zum Forschungsprojekt“ statt. Aus erster Hand erfuhren die Mitglieder von Swiss Textiles exklusiv, was es braucht, um ein Forschungsprojekt zu initiieren, zu begleiten und zum Abschluss zu bringen.
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